Trageerschöpfung - Trageschwäche beim Pferd
- Intakt Tierphysiotherapie
- 4. Mai
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Mai
Das Tragesystem - Pferdephysiotherapie - Pferdeosteopathie - Tierphysiotherapie
„Modewort“ mit ernsthaftem Hintergrund. Auf allen Social-Media Plattformen hört man zur Zeit wieder vermehrt das Wort „Trageerschöpfung“ oder „Trageschwäche“.
Das Wort „Trageerschöpfung“ wird manchmal etwas fehlinterpretiert. „Trageschwäche“ passt schon besser, aber, was hat es damit auf sich? Ich als zertifizierte Pferdetherapeutin mit Spezialisierung Bewegung-Apparat habe einmal ein paar Fakten und Tips für Euch zusammengetragen und versucht die Erklärungen für Pferdebesitzer so einfach wie möglich zu halten.
Das Tragesystem
👉 Das Tragen eines Reiters muss vom Pferd trainiert werden
👉 Das Tragesystem des Pferdes kann, auch ohne das es geritten wurde, erschöpfen (Bewegungsmangel)
👉 Eine Trageerschöpfung ist manchmal schwer zu erkennen
👉 Das erschöpfte Tragesystem kann Widersetzlichkeit, Lahmheit und Krankheiten zur Folge haben
👉 Eine Trageerschöpfung kann viele Ursachen haben
👉 Das erschöpfte Tragesystem ist nur bedingt „heilbar“
Einige deutliche Anzeichen für ein erschöpftes Trage System sind:
☝️ Ein abgesackter Brustkorb
☝️ Muskelatrophien
☝️ Brettharte Muskulatur des Rückens und der Hinterhand.
☝️ Eine unnatürlich aufgewölbte Wirbelsäule (Lendenwirbelbereich, der sogenannte „Karpfenrücken“)
☝️ Senkrücken
Jetzt muss man leider bedenken:
Viele Pferde laufen jahrelang mit einer, mehr oder weniger ausgeprägten, Trageerschöpfung sogar auf Turnieren. Oder einige Pferde Besitzer hörte ich sogar sagen: „Wovon soll das denn trageerschöpft sein? Das wird doch nicht geritten!“
Chris Debski: https://pferde-gesund-bewegen.de
🏋️ Das Tragesystem des Pferdes ist ein komplexes Zusammenspiel von Muskeln, Knochen, Faszien und deren Rezeptoren.

Stichwort: Rezeptoren Exkurs - Kurze Erläuterung zur Aufgabe von Rezeptoren und deren Aufgabe bei der Entstehung einer Gelenk-Blockierung
Z.B. beim Reiten mit einem unpassenden Sattel, zu harter Reiterhand, schlechtem Sitz des Reiters, etc., passiert Folgendes:
Die Rezeptoren in Muskeln, Knochen Faszien „melden“ eine Überreizung (z.B. durch einen unpassenden Sattel, Reitweise, etc.) an das Rückenmark. Die Nervenzellen (Neuronen) im Rückenmark „übermitteln“ an die Muskeln: „Festhalten, anspannen!“, um den Reiter weiter tragen zu können. Dies ist ein natürlicher Schutzreflex des Körpers. Aus diesem „Festhalten/Anspannen“ entsteht dauerhaft eine Verspannung/Verhärtung in der Muskulatur.
Im Folgenden möchte ich besonders auf 3 Muskeln im Brust-Hals-Schultergürtel Bereich eingehen (ohne jetzt zu sehr in die Anatomie einzutauchen).
💪 Diese 3 Muskeln sind die wichtigsten „Rumpfträger“ eines Pferdes (am Tragesystem des Pferdes und somit bei Überlastung für eine Erschöpfung verantwortlich, sind natürlich noch weitere Muskeln, der Hinterhand, die Bauchmuskulatur etc.):
M. Serratus ventralis mit seinen beiden Anteilen
M. Subclavius
M. Pectoralis profundus

Chris Debski: https://pferde-gesund-bewegen.de
Als Beispiel:
Um einen Reiter weiter tragen zu können, gibt es einen sogenannten „Nothalt“. Als Nothalt kommen jetzt die Faszien ins Spiel. Ist z.B. der Serratus Muskel erschöpft, übernehmen die Serratus-Faszien die „Haltefunktion“.
Soweit, so gut.
Faszien haben eine bindegewebige Struktur. Die Faszien umhüllen z.B. einen Muskel, bzw. sind für das geschmeidige Gleiten zwischen Organen, Muskeln etc. gegen- und untereinander zuständig. Faszien können aber bei Überlastung verkleben bzw. die Fasern der Faszien können regelrecht „verfilzen“. Verklebte/verfilzte Faszien sind in ihrer Funktion stark eingeschränkt. Eine Störung in einer der Strukturen zieht weitere Störungen nach sich und das Karten-Haus fällt in sich zusammen. Ein Komplexes System, ein Teufels-Kreis. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen.
Eine überlastete Muskulatur ist also in ihrer Funktion „eingeschränkt“, und somit nicht mehr leistungsfähig. Deren Faszie ebenso. Die Muskulatur ist nicht mehr gut durchblutet, kann weniger Sauerstoff und Nährstoffe aufnehmen, weniger Stoffwechsel-Endprodukte abtransportieren.
☝️ Stark verspannte Muskulatur, „zieht“ dauerhaft Gelenke in eine „schiefe“ Position.
☝️ Bänder halten die Gelenke zusammen.
☝️ Sind Gelenke dauerhaft überlastet oder blockiert, können Bänder Problematiken entstehen.
☝️ Überlastete Kniebänder sind keine Seltenheit und bei ausgewachsenen Reitpferden meist eine Überlastungserscheinung durch Kompensation eines „anderen“ Problems.
☝️ Sehnen fungieren als faserige Verbindung von Muskel und Knochen, übertragen die MuskelKRAFT auf den Knochen.
Die Frage ist also, WARUM entstehen immer wieder diese Muskelverhärtungen und Gelenkblockierungen?
Bei immer wiederkehrenden Problemen kann ich nur raten:
Ursachen finden, ganzheitlich arbeiten, nicht nur Symptome lokal beheben, sollte der richtige Weg sein.
☝️Und genau da startet mein Behandlungsansatz:
Physiotherapie - Osteopathie - Ganzheitliche Therapien - Trainingsplan => Die Kombination macht’s!
Ein trageerschöpftes Pferd muss zunächst vom Boden aus „entsprechend“ trainiert werden, dann kann es, je nach Alter und Trainings-Fortschritt evtl. wieder geritten werden (ausser es spricht eine andere Problematik dagegen). Das Training vom Boden aus kann mehrere Wochen dauern!!! Danach, „dosiertes“ Reiten (nur Freizeit!). Langsame Steigerung, ohne zu tiefe Kopf/Halsstellung oder zu vorderhandlastig zu werden! In natürlicher Aufrichtung im Wechsel. Zu langes Schritt reiten ist kontraproduktiv! Aufwärmphase im Schritt, damit ist aber Arbeitstempo gemeint, nicht "Schleichfahrt" durch die Halle oder am langen Zügel durchs Gelände. Soll das Pferd in einer Rekonvaleszenz Phase nach Verletzung/OP Schritt „geritten“ werden, hat aber in der Gesamtbetrachtung aktuell nicht die Möglichkeit ein Reitergewicht zu stabilisieren, sollte dies dringend zuvor mit dem Tierarzt besprochen werden. Tierärztliche Anweisungen haben an dieser Stelle Priorität. Pferde, die im Rumpftrageapparat nicht ausreichend Last aufnehmen können, bringen durch Kompensation/Schonhaltung erhöhte Belastung auf die untere Gliedmaße! Gerade bei Bänder/Sehnen Problematiken birgt dies wiederum ein höheres Verletzungs-Risiko. Wer also Schritt reitet, ob zum Erwärmen oder Abreiten, oder vor allem bei längeren Ausritten, sollte auf die richtige Spannung achten!
Zu einem gesunden Tragesystem eines Reitpferdes, gehören natürlich viele weitere Muskeln und Strukturen, wie z.B.:
Hinter- und Vorhand-Muskulatur
Nackenband
Brustmuskulatur
Halsmuskulatur
Und …. Bauchmuskulatur !!!
„Ein schöner Rücken kann entzücken“ Alle reden aber nur vom Rücken. Was ist eigentlich mit der Bauchmuskulatur?
☝️Das Training der Bauchmuskulatur darf an dieser Stelle nicht vernachlässigt werden, da diese eine entscheidende Rolle bei der Tragfähigkeit spielt.
Die Bauchmuskulatur und die Rückenmuskulatur eines Pferdes arbeiten eng zusammen, um eine stabile Körperhaltung zu gewährleisten und die Hinterhand zu aktivieren. Eine gut trainierte Bauchmuskulatur unterstützt die Rückenmuskulatur beim Tragen des Reiters und sorgt für eine korrekte Haltung, während die Rückenmuskulatur die Wirbelsäule stabilisiert und das Pferd beim Vorwärtstreten unterstützt. Bei Defiziten in der Bauchmuskulatur tritt dein Pferd nicht ordentlich unter, der Rücken kann nicht aufgewölbt werden und dein Pferd läuft vorhandlastig.
Die Bauchmuskulatur hebt und stützt den Rücken, hält das Becken in der richtigen Position und hilft dem Pferd, die Hinterhand zu aktivieren. Bauchmuskulatur und Rückenmuskulatur arbeiten direkt und indirekt zusammen. Liegt ein Defizit in einem der Partner vor, kann der andere Partner nicht korrekt arbeiten.Durch gezieltes Training können die Bauchmuskeln gestärkt werden, was sich positiv auf die Rückenmuskulatur auswirkt.
Beispiele für Training der Bauchmuskulatur und Entlastung der Rückenmuskulatur:
Stangenarbeit
Cavaletti
Equikinetic/Dualgassen
Seitengänge
Schenkelweichen
Gerne kann ich Euch einen individuellen Trainings-Plan, unter physiotherapeutischen Aspekten, mit Übungen für euer Pferd erstellen, den ihr ggf. mit eurer Trainerin / eurem Trainer weiter ausführen könnt.
☝️Beachtet bitte: Massage und Dehnungsübungen, von qualifizierten und zertifizierten (!) Therapeuten zeigen lassen!
☝️Bei mir gibt es z.B. keine DIY Videos! Ich zeige Dir für dein Pferd angepasste Übungen in korrekter Ausführung!

Sandra Fencl: https://www.sandrafencl.com/
„Der ganze Körper ist eine Bewegungseinheit, in dem sich die Seele wohlfühlen sollte!“ (Zitat: Elisabeth Albescu)
👉 Die Wirbelkette dient als stabiles Skelett
👉 Bänder halten die Gelenke zusammen
👉 Muskeln verbinden das Skelett und machen erst Bewegung möglich
👉 Sehnen fungieren als faserige Verbindung von Muskel und Knochen, übertragen die MuskelKRAFT auf den Knochen
👉 Aufgabe der Blutgefässe ist die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen, sowie der Abtransport von Stoffwechsel Endprodukten
👉 Die Nerven sind für die Aktivierung durch Impulsgebung von Muskeln, Drüsen, Gefäßen, Haut zuständig
👉 Die Faszien überziehen Organe und Muskeln und fungieren als „Gleitflächen“
👉 Die Haut „schützt“ als Organ das Gesamtkunstwerk
Zusammengefasst:
Das erschöpfte Tragesystem ist nur bedingt „heilbar“. Bei einer extremen Trageerschöpfung, bei ausgeprägtem Senkrücken, im hohen Pferdealter, bei Verknöcherungen, etc., sollte das Pferd vom Boden aus gearbeitet werden. Ich persönlich empfehle bei diesen Pferden kein Gewicht auf den Rücken zu geben. Das ist in jedem Fall aber immer angepasst an die Problematik und individuell zu betrachten.
Trainings-Ziel:
In einem physiologischen Training alle Grundgangarten fördern und das Pferd in seiner natürlichen SelbstHALTUNG arbeiten.
☝️ Massagen, Dehnungsübungen, Faszien-Modulation, propriozetives Training, etc., von qualifizierten und zertifizierten (!) Therapeuten zeigen lassen und ins tägliche Training integrieren.
Ich versuche immer meine Erfahrungen und das unschätzbare Wissen von Top-Dozenten für Euch verständlich zusammen zu fassen, (Dank an Tanja Richter und Elisabeth Albescu, für ihre tollen Therapeuten-Weiterbildungs-Seminare zu den verschiedenen Themen).
Als zertifizierte Pferdephysiotherapeutin, mit Spezialisierung „Bewegungsapparat“ und manuelle Therapie/Osteotherapie, stehe ich eurem Pferd mit fundiertem Fachwissen und umfassenden ganzheitlichen Therapie Angebot zur Seite.
Jedes Pferd erhält bei mir, auf euren Wunsch, ein individuelles Programm, das an den Krankheits-Verlauf, die Therapiemethode, und die jeweiligen Bedürfnisse, angepasst ist.
Andrea Küster
Zertifizierte Tierphysiotherapeutin
Manual Therapeutin / Osteotherapie
Mo-Fr 9-19 Uhr
Sa 9-15 Uhr
📞 01727436617
© RehaKonzept by Andrea Küster - Intakt Tierphysiotherapie 2025
Kreis Ennepetal - Kreis Mettmann - Kettwig - Überruhr - Burgaltendorf - Byfang - Kupferdreh - Heisingen - Bredeney - Haarzopf - Velbert - Neviges - Hattingen - Wülfrath - Wuppertal - Heiligenhaus - Bochum - Sprockhövel - Schwelm - Gevelsberg - Haan - Mülheim - Düsseldorf - Ratingen und weitere auf Anfrage.
Quellen, Fotos/Abbildungen/Textauszüge:
Chris Debski: https://pferde-gesund-bewegen.de
Sandra Fencl: https://www.sandrafencl.com/
Chris Debski: https://pferde-gesund-bewegen.de
Das „Mucki-Buden“ Pferd ist von G. Kreling
